Als erstes inter­na­tio­na­les Such- und Rettungs­team der Kate­go­rie “Light” wurde die deuts­che Hilf­sor­ga­ni­sa­tion @fire in den vergan­ge­nen Tagen von den Verein­ten Natio­nen (UN) klas­si­fi­ziert. Dazu durchlief ein 20-köpfi­ges Rettungs­team eine mehr­tä­gige inter­na­tio­nale Großü­bung für einen Rettung­sein­satz nach Erdbe­ben in der Schweiz.

Ein verhee­ren­des Erdbe­ben der Stärke 7.1 erschüt­tert am Sonn­tag­mor­gen um 9:36 Uhr Orts­zeit die Repu­blik Jure­neva. Die örtli­che Regie­rung geht von mindes­tens 2.300 Verletz­ten und 1.000 Toten aus. Rund 1.230 Mens­chen werden in den mehr als 1.500 einges­türz­ten Gebäude vermisst. So das Szena­rio der Übung “INSIEME 21” der Inter­na­tio­nal Search and Rescue Advi­sory Group (INSARAG) der UN.

Nach einer ersten Lageeins­chätzung durch den @fire-Heimatstab wird das @fire- Rettungs­team am Sonn­tag alar­miert und mobi­li­siert. Die Spezia­lis­ten für biolo­gis­che und tech­nis­che Ortung sowie für tech­nis­che Rettung, ein Baufach­be­ra­ter, drei Rettungshunde, Logis­ti­ker und weitere Katas­trophens­pe­zia­lis­ten sammeln sich zum fina­len Equip­ment-Check und medi­zi­nis­chen Unter­su­chun­gen im Rettungs­zen­trum Wald­kirch (BW). Am Montag­mor­gen verlegt das Team schließ­lich in das ange­nom­mene Einsatz­ge­biet, einem Übungs­ge­lände der Schwei­zer Armee in Epeis­ses bei Genf (Schweiz). Dort ange­kom­men, geht es zunächst darum, das Reception/Departure Centre (RDC) in Betrieb zu nehmen, über das alle ankom­men­den Rettungs­teams in Empfang genom­men und regis­triert werden. Zeit­gleich wird eine kleine Zelts­tadt als Opera­tions­ba­sis (Base of Opera­tions) für das @fire-Team aufges­chla­gen. Die Basis dient als autarke Unter­kunft und Einsatz­zen­trale, von der aus die einzel­nen Einsatzs­te­llen ange­fah­ren werden.

Nach einer ersten Erkun­dung des Einsatz­ge­bie­tes gilt es noch am Monta­ga­bend, die erste Einsatzs­te­lle abzuar­bei­ten. Mit den Rettungshun­den sowie tech­nis­chem Ortungs­ge­rät muss eine vermisste Person in einem einges­türz­ten Haus geor­tet und mittels eines Durch­bruchs befreit werden. Bis in die späte Nacht hinein sind die Katas­trophenhel­fer mit der Rettung beschäf­tigt, bevor sie für eine kurze Nach­truhe in ihre Base of Opera­tions zurückkehren.

Weitere Einsatzs­te­llen an vers­chie­de­nen einges­türz­ten Gebäu­den folgen am Diens­tag und in der Nacht zum Mitt­woch. Dabei müssen weitere Vermisste gefun­den und mittels verti­ka­ler und hori­zon­ta­ler Durch­brü­che durch stahl­be­wer­ten Beton sowie unter Einsatz von pneu­ma­tis­chen Hebe­kis­sen, einer Winde oder Seil­tech­nik geret­tet und erst­ver­sorgt werden. Auch der Bau von Abstützun­gen und die Zusam­me­nar­beit mit einem Kran zählt zu den Aufgaben.

Über 30 Prüfer aus 23 Ländern und inter­na­tio­nale Beobach­ter bewer­ten die Katas­trophenhel­fer anhand der Vorga­ben der INSARAG Guide­li­nes. Neben der erst­ma­li­gen Klas­si­fi­zie­rung von @fire als Light-Team, werden im Rahmen der INSIEME21 auch das Heavy- Team “Swiss Rescue” aus der Schweiz und das Medium-Team “PUI” aus Fran­kreich rezertifiziert.

Nach dem erfol­grei­chen Abschluss der Rettung­sar­bei­ten am Mitt­woch­mor­gen konn­ten die INSA­RAG-Vertre­ter den @fire-Kräften schließ­lich die offi­zie­lle Urkunde überrei­chen. Die Hilf­sor­ga­ni­sa­tion @fire ist damit das 58. klas­si­fi­zierte USAR-Team und welt­weit das erste Such- und Rettungs­team, das die Klas­si­fi­zie­rung als Light-Team durchlau­fen hat.

“Vor knapp 16 Jahren haben wir ange­fan­gen uns mit dem Thema USAR zu beschäf­ti­gen. Mit Meilens­tei­nen in Haiti, Nepal und Beirut. Wir sind nicht nur Mitglied der inter­na­tio­na­len USAR-Commu­nity gewor­den, sondern haben mit der Entwic­klung eines Light-USAR-Teams Akzente gesetzt”, sagt @fire-Vorsitzender Jan Südmer­sen stolz. “Als Light-Team sind wir die schne­lle Speers­pitze der inter­na­tio­na­len Hilfe nach verhee­ren­den Naturkatastrophen.”

Hinter­grund:

Die Inter­na­tio­nal Search and Rescue Advi­sory Group (INSARAG) koor­di­niert und stan­dar­di­siert als Orga­ni­sa­tion der Verein­ten Natio­nen die inter­na­tio­nale Zusam­me­nar­beit im Bereich Urban Search and Rescue (USAR), also der Suche und Rettung nach Natur­ka­tas­trophen wie Erdbe­ben. Alle Rettungs­teams müssen sich einer INSARAG Exter­nal Clas­si­fi­ca­tion (IEC) und regel­mäßi­gen Reclas­si­fi­ca­tions (IER) in einer der drei Klas­si­fi­zie­rung­se­be­nen - light, medium oder heavy USAR-Team - unter­ziehen. In Deuts­chland sind bisher das Tech­nis­che Hilfs­werk (THW) als Heavy-Team und die Hilf­sor­ga­ni­sa­tion “ISAR Germany” als Medium-Team klas­si­fi­ziert. Die Klas­si­fi­zie­rung­se­bene “light” wurde mit den Erkennt­nis­sen des Rettung­sein­satzes nach dem Erbe­ben in Nepal 2015 innerhalb der INSARAG unter Mitwir­kung von @fire erarbeitet.

Ein Light-Team besteht aus mindes­tens 17 Katas­trophenhel­fern, für ein Medium-Team sind mindes­tens 40 und für ein Heavy Team mindes­tens 59 Einsatz­kräfte erfor­der­lich. Nach den INSA­RAG-Richtli­nien kann ein Light-USAR-Team Such- und Rettungs­maß­nah­men in einges­türz­ten Gebäu­den aus Holz und unbe­wehr­tem Mauer­werk sowie in mit Stahl­be­weh­rung vers­tärk­ten Gebäu­den durch­füh­ren. Außer­dem muss es in der Lage sein, Trüm­mer­teile mit einem Kran, einer Winde oder einem Flas­chen­zug anzuhe­ben, zu rollen, zu schie­ben oder zu heben. Ein Light-USAR-Team muss in der Lage sein, an einer Einsatzs­te­lle über fünf Tage 12-Stun­den-Einsätze durch­füh­ren zu können.