Trotz der Größe und Anzahl der Brände in diesem Jahr ist Deuts­ch­land aufgrund des dich­ten Netzes an meist Freiwil­li­gen Feuerweh­ren und dem hohen Enga­ge­ment der Einsatz­kräfte vor Ort noch verglei­chsweise glimp­flich davon­ge­kom­men. Ange­si­chts der Tendenz von immer hefti­ge­ren und öfter auftre­ten­den Wald­brän­den ist es aus Sicht der unter ande­rem auf die nati­o­nale und inter­na­ti­o­nale Vege­ta­ti­ons­brand­bekämp­fung spezi­a­li­si­er­ten Hilf­sor­ga­ni­sa­tion @fire drin­gend notwen­dig, die Fähig­kei­ten der Wald­brand­bekämp­fung aller Betei­lig­ten zu verbes­sern und stär­ker zu vernet­zen. “Großwald­brände kennen keine Gren­zen und keine Büro­kra­tie”, so der @fire-Vorsitzende Jan Südmer­sen in seinem Resü­mee der Feuer­sai­son 2022.

@fire ist eine Hilf­sor­ga­ni­sa­tion, die sich seit 20 Jahren für die Bekämp­fung von Großwald­brän­den bundesweit und inter­na­ti­o­nal spezi­a­li­si­ert hat. In diesem Sommer wurde @fire bei zahl­rei­chen Großwald­brän­den zur Unterstüt­zung der regi­o­na­len Einsatz­lei­tun­gen ange­for­dert. Vor Ort hat die Hilf­sor­ga­ni­sa­tion Führungs­kräfte vor Ort bera­ten, Feuer mit wenig oder sogar ohne Wasser eingedämmt und bekämpft, schwi­e­rige Nachlös­char­bei­ten durch­geführt, den Einsatz in der Luft koor­di­ni­ert und Spezi­al­geräte vermit­telt. Mit der gelben Schutz­klei­dung waren die Spezi­al­kräfte oft auffäl­lige Farb­tup­fer an den Einsatzstellen. 

Im Jahr 2022 wurde @fire bei den Wald­brän­den in Treu­en­bri­et­zen, Beelitz, Bad Liebenwerda, Trup­penü­bungs­platz Muns­ter, Penela (Portu­gal), Bad Saarow, Falken­berg, Säch­sis­che Schweiz, Berlin – Grunewald, Gironde (Fran­kreich) und im Harz / Broc­ken ange­for­dert. Aus ihren Erfah­run­gen haben die Wald­brand-Exper­ten vier Themen­be­rei­che iden­ti­fi­zi­ert, in denen der drin­gendste Handlungs­be­darf besteht.

@fire-Vorsitzender Jan Südmer­sen (links) im Wald­bran­dein­satz in der Säch­sis­chen Schweiz im Septem­ber 2022.


1. Die Führung der Einsatz­kräfte muss verbes­sert werden

Auch ein Großwald­brand darf für die Brand­bekämp­fer kein inter­ner Notfall sein. Dafür bedarf es einer guten Einsatz­vor­be­rei­tung, einer praxis­nahen Ausbil­dung von Führungs­kräf­ten, welche dann in einer perso­nell und tech­nisch gut ausges­tat­te­ten Einsatz­lei­tung auch wochen­lange Einsätze steu­ern können. Dies ist aber in der Regel Aufgabe der Kreise, wovon viele dies aber perso­nell nicht leis­ten können und deren Erfah­rungs- und Ausbil­dungs­s­tand bei den Führungs­kräf­ten sehr unters­chi­e­dlich ist. Abhilfe könn­ten hier landesweite oder bundesweite Einhei­ten und Stäbe zur Führung­sun­terstüt­zung leis­ten, wie dies bzw. in den USA der Fall ist. Das schei­tert bislang am föde­ra­len System und oft auch am Kirch­turm­den­ken bei vielen Betei­lig­ten. Es ist jetzt an der Zeit, die perso­nel­len Voraus­set­zun­gen dafür zu schaf­fen Gesetze zu ändern, Abläufe und Ausbil­dung zu verbes­sern sowie solche Einhei­ten mit Unterstüt­zung des Bundes und der Länder aufzustellen. 

2. Die Koor­di­na­tion der Brand­bekämp­fer muss verbes­sert werden

Aufgrund der vers­chi­e­de­nen Zustän­dig­kei­ten und der zahl­rei­chen Betei­lig­ten müssen in einem Führungs­s­tab oft erst unters­chi­e­dli­chen Stand­punkte und Befin­dli­ch­kei­ten von Poli­tik und Verwal­tung, Führungs­kräf­ten der Poli­zei, Bundes­po­li­zei, Forst­behör­den, Bundeswehr, THW, priva­ten Hilf­sor­ga­ni­sa­ti­o­nen sowie Waldei­gentü­mern, Spon­ta­nhel­fern und diver­sen Exper­ten disku­ti­ert, ausge­gli­chen und in Rich­tung einer guten Zusam­me­nar­beit verar­bei­tet werden. Dabei ist es für den Einsat­zer­folg völlig unerhe­blich, welche Orga­ni­sa­tion oder Behörde vertre­ten wird – es kommt eigen­tlich nur darauf an, welche Funk­ti­o­nen zu beset­zen sind. 

Im Endef­fekt funk­ti­o­ni­ert das dann nach eini­ger Zeit irgendwie und mit Goodwill aller Betei­lig­ten, aber das ist natür­lich keine perso­ne­nu­nabhän­gige, sichere und resi­li­ente Grun­dlage für die kommen­den Katas­trophen. Hier müssen die Zusam­men­set­zung der Stäbe und die Arbeit­sa­bläufe verbes­sert und so stan­dar­di­si­ert werden. 

3. Der Werk­zeug­kas­ten der Brand­bekämp­fer muss erwei­tert werden

Die große Stärke der Feuerweh­ren in Deuts­ch­land ist, dass sie im inter­na­ti­o­na­len Vergleich flächen­dec­kend sehr viel schnel­ler und schlag­kräf­ti­ger bei Wald­brän­den mit einer großen Anzahl von Lösch­fahr­zeu­gen tätig werden können. Damit wird fast immer vermi­e­den, dass aus klei­nen Wald­brän­den Große werden, aber glei­ch­zei­tig ist auch das ein Problem: Wenn man nur einen Hammer als Werk­zeug hat, sieht jedes Problem aus wie ein Nagel. Für eine effek­tive Wald­brand­bekämp­fung brau­cht es eben nicht nur Feuerweh­rau­tos, sondern auch Hubs­ch­rau­ber, Fußtrupps, Vor- und später auch Gegen­feuer, schwere Bull­do­zer. Diese spezi­el­len Ressour­cen sind zurzeit gar nicht für den Katas­trophens­chutz vorhan­den, sondern müssen von diver­sen Behör­den ange­for­dert oder aus der Privatwirts­chaft orga­ni­si­ert werden. Es ist jetzt an der Zeit, dass für den über­re­gi­o­na­len Einsatz der Katas­trophens­chutz auf Bundes- und Lande­se­bene eigene spezi­elle Einhei­ten aufstellt. 

4. Lösch­flug­zeuge – sehen gut aus, aber…

Der Einsatz­lei­ter einer südeu­ropäis­chen Feuerwehr muss ledi­glich einen Funks­pruch abset­zen, wenn er einen Löschhubs­ch­rau­ber (oder ein Lösch­flug­zeug) benö­tigt. Ein Einsatz­lei­ter in Deuts­ch­land benö­tigt dazu oft einen kompli­zi­er­ten und zeitrau­ben­den Verwal­tungs­vor­gang mit Fax und Tele­fo­na­ten, Wecken von Bereits­chafts­di­ens­ten, schrif­tli­chen Geneh­mi­gun­gen, etc. – je nach Bundes­land. Es würde die Brand­bekämp­fung aus der Luft deutlich verbes­sern, wenn diese büro­kra­tis­chen Hürden abge­baut und Hubs­ch­rau­ber schnel­ler zur Verfü­gung stehen würden. Doch zurzeit fokus­si­ert sich die öffen­tli­che Diskus­sion sehr stark auf Lösch­flug­zeuge. Diese produ­zi­e­ren aller­dings nur sehr teuren Regen, wenn auch sie nicht schnell genug vor Ort sind und auch taktisch nicht sinn­voll geführt und einge­setzt werden. 

Für den Einsatz von Luft­fahr­zeu­gen ist daher deren schnel­ler Einsatz und sichere Verfüg­bar­keit zu verbes­sern sowie für die reibungs­lose Einbet­tung in die Einsatz­kräfte vor Ort zu sorgen – egal ob Hubs­ch­rau­ber oder Flugzeug.

Erfah­run­gen im In- und Ausland

Aktu­ell verfügt @fire über 400 ausge­bil­dete Einsatz­kräfte, die neben einer guten körper­li­chen Fitness, eine ergän­zende Ausbil­dung sowie viel­fach über spezi­elle Kennt­nisse und Erfah­run­gen im In- und Ausland verfü­gen. Daher ist @fire derzeit in Deuts­ch­land eine der weni­gen Orga­ni­sa­ti­o­nen, die die Führung und Koor­di­na­tion im taktisch rich­ti­gen Einsatz von Luft­fahr­zeu­gen aller Typen bieten kann. Darü­ber hinaus betei­ligt sich @fire seit vielen Jahren mit vers­chi­e­de­nen Fach­leu­ten an der Mitar­beit in deuts­chen Fach­gre­mien, vom Norme­naus­s­chuss Lösch­fahr­zeuge, über den Arbeits­kreis Wald­brand im Deuts­chen Feuerwehr­ver­band (DFV) bis hin zur lände­rof­fe­nen Arbeits­gruppe nati­o­na­ler Waldbrandschutz.

Darü­ber hinaus wurden durch @fire im präven­ti­ven Bereich bislang über 200 Feuerweh­ren in den Beson­derhei­ten der Wald­brand­bekämp­fung fort­ge­bil­det. Übri­gens: Alle Tätig­kei­ten von @fire im Bereich der Wald­brand­bekämp­fung erfol­gen durch seine Mitgli­e­der rein ehre­nam­tlich und unabhän­gig von staa­tli­cher Unterstützung.