In den Zeiten, wo irgendwo auf der Welt katastrophale Vegetationsbrände ganze Regionen verwüsten, erreichen uns zwei häufig gestellte Fragen:
Zum einen bieten engagierte Feuerwehrleute ihre Unterstützung an und wollen in die betroffenen Gebiete reisen, um dort zu helfen. Am besten sofort. Unsere Antwort ist immer die gleiche: Das funktioniert so nicht. In der Regel verfügen Feuerwehrleute in Deutschland weder über die Ausbildung, noch die Schutzausrüstung für einen so extremen Einsatz. Es mangelt ferner oft an notwendigen Schutzimpfungen, Sprachkenntnissen und man muss bitte auch Bedenken, dass viele Techniken der wasserlosen Brandbekämpfung wie @fire das praktiziert, eine ausgezeichnete körperliche Fitness voraussetzt. Mal ganz abgesehen davon, dass man den Flug nach Australien und die Temperaturen vor Ort verkraften muss. Dann bleiben noch Fragen des Versicherungsschutzes, der Rückholung bei Unfällen etc. etc. Alles lösbar, aber eben nicht ad hoc. Und zu guter Letzt muss man sich im Klaren sein, dass man im Revier des Taipan, der Braunschlange sowie der Redback und Funnel Web Achtbeiner arbeitet.
Wer vor alle dem nicht zurückschreckt, den laden wir recht herzlich ein, bei @fire mitzumachen. Es wird zwar für die aktuellen Brände nicht mehr rechtzeitig sein, da von Eintritt bis zur Einsatzfähigkeit ungefähr ein Jahr vergeht, aber wenn dann das nächste Mal die Fernsehbildschirme rot sind, kann es sein, dass ihr eine Alarm-SMS bekommt und mitten aus dem Alltag heraus auf dem Weg in ein Inferno seid.
Die andere Frage: Warum seid ihr nicht vor Ort? Die Antwort hierauf ist deutlich komplexer und muss quasi für jedes Land und jede Katastrophe individuell beantwortet werden. Hier mal am Beispiel Australien:
Die ersten Hinweise darauf, dass Australien eine extrem widerliche Saison erwartet, gab es bereits im September. Die Lage spitzte sich dann Mitte Dezember zu bis es dann in diesen Tagen langsam verbesserte. Nun ist Australien ein Land, in dem es des Öfteren brennt und von daher haben sich die Feuerwehren darauf vorbereitet. Dazu gehört auch, dass Führungsstruktur und Taktik mit anderen Ländern abgestimmt wurde: Neuseeland, USA, Kanada, Mexiko, Südafrika nutzen alle das Einsatzführungssystem ICS und nutzen die Vorgaben der NWCG, einer Art Waldbrandausbildungs- und Normungsinstitut in den USA. Somit ist es möglich, einzelne Führungskräfte und Einheiten mit allen an diesem System beteiligten Ländern auszutauschen.
Über diesen Verbund hinausgehende Hilfsersuchen hat Australien nicht gestellt.
Andere Einheiten in dieses System einzuarbeiten ist vielleicht grundsätzlich möglich, aber mit einem hohen Aufwand verbunden - den die gastgebenden Länder in den Chaosphasen von Katastrophen oft nicht leisten können und wollen. Überlegt einfach mal, was bei euch passieren würde, wenn ihr beim nächsten Hallenbrand einen Wasserversorgungszug der staatlichen russischen Feuerwehr einbauen müsstet.….
Wir bei @fire bilden unsere Teams und Führungskräfte ebenfalls nach diesem System aus, sind aber noch nicht vertraglich in dieses Austauschsystem eingebunden, was wiederum daran liegt, dass wir eine NGO sind und die Länder dieses Verbundes nur staatliche Organisationen akzeptieren. Isso. Blöd für uns, betrifft aber auch alle anderen Einheiten wie die europäischen KatS-Module. Von daher wird außer ein paar Beobachtern und Paradiesvögeln auch niemand nach Australien reisen. (Habe ich übrigens schon erwähnt, das man mit einem Touristenvisum nicht einfach einreisen und dann arbeiten (=feuerlöschen) kann?).
Aufgrund eines bilateralen Kontaktes mit Kollegen in Australien haben wir dann noch der australischen Botschaft unsere Hilfe als NGO direkt angeboten, haben hier noch keine endgültige Antwort bekommen, bzw. wir erwarten eine Absage wegen der oben dargestellten Zusammenhänge.
Da man sich recht sicher sein kann, dass Dauer und Intensität von Waldbränden weltweit schlimmer werden, kann und sollte man sich grundsätzlich fragen, ob eine Industrienation wie Deutschland mit dem Anspruch bei Umweltschutz und Gefahrenabwehr weltweit in der oberen Tabelle geführt zu werden, es sich auf Dauer leisten kann, zukünftigen Hilfesuchenden außerhalb der EU in Sachen Waldbrand außer Geld keine Hilfe anbieten zu können.
Letztlich ist das eine politische Frage, auf die wir nur indirekt Einfluss haben. Indirekt in dem Sinne, dass wir seit 2003 kontinuierlich daran arbeiten, eine Einheit aufzustellen, bei der allen offenen Fragen geklärt sind, die in alle System integrierbar ist, die sicher arbeiten kann und über international erfahrene Führungskräfte verfügt sowie über eine Personalstärke von 50 bis 200 Mann. Zurzeit liegen wir hier auf erfahrungsgemäß bei 30 Mann - wenn ihr also wirklich zukünftig an vorderster Front gegen die Folgen des Klimawandels kämpfen wollt - sei es in Australien, Amazonien oder sonst wo - ich erwarte eure Mail: Interessenten@at-fire.de
Jan Südmersen
Vorsitzender @fire