Am Samstag, den 25. April 2015 bebte die Erde im Kath­mandu Valley, Nepal, mit einer Stärke von 7,8 auf der Richter-Skala. Bei dieser Katas­tro­phe verloren mindestens 8.000 Menschen ihr Leben, Tausende wurden verletzt. Häuser stürzten ein, tausende Menschen verloren ihr Hab und Gut und wurden obdachlos.

Da wichtige Krite­rien für einen möglichen USAR-Einsatz für @fire erfüllt wurden, beispiel­sweise Erdbeben­stärke und –tiefe, Bebau­ung und Bevölkerungs­dichte, erfolgt bere­its kurze Zeit später eine interne Vor-Alarmierung unserer Einsatzkräfte.

Nach­dem das offizielle Hilfeer­suchen um USAR-Teams durch die Regierung von Nepal veröf­fentlicht wurde, konnte @fire nun in den Einsatz gehen. Geplant war, unser 18-Köpfiges „Light“-Team in zwei Grup­pen per Linien­flug nach Nepal zu verlegen: die erste 6-köpfige Gruppe als „Erkun­der“ inklu­sive Trüm­mer­hunde am Sonntag, den 26., gefolgt von 12 Rettungskräften am Tag danach.

Durch die beschädigte und über­lastete Infra­struk­tur am Flughafen von Kath­mandu konnte das erste Team mit Zwis­chen­stopp Delhi erst am Montag, den 27. Abends in Kath­mandu als eines der ersten ausländis­chen Teams landen. Da gleichzeitig mit der Landung die Regierung von Nepal den Stopp des USAR-Hilfeer­suchens bekannt gab, wurde das zweite Team nicht mehr benötigt.

Unter­wegs beschloss man, mit der gleichzeitig anreisenden britis­chen Part­neror­gan­i­sa­tion „SARAID“ ein gemein­sames, 18-köpfiges Team zu bilden.

Sofort nach der Landung und noch in der Nacht wurde unser Camp in der inter­na­tionalen „Base of Oper­a­tions“ (BoO) nahe dem Flughafen aufgestellt; die ersten Aufträge erhiel­ten wir bei einer Besprechung am Vormit­tag des Dien­stags im militärischen Lagezen­trum der Regierung von Nepal.

Vom Dien­stag bis einschließlich Donner­stag wurden Erkun­dungs- und Suchtätigkeiten vorgenom­men, auch wurde Personal in die „USAR Coor­di­na­tion Cell“, der Koor­dinierung der USAR-Teams durch die UN, abgestellt. Gerade diese Aufgaben sind eine große Stärke der leichten und flex­i­blen USAR-Teams.

So mussten unsere zwei Suchteams noch nicht erkun­dete Sektoren auf beschädigte Gebäude durch­suchen. In eini­gen Struk­turen, beispiel­sweise in einem Hotel in Naya­p­ati, kamen unsere Trüm­mer­hunde „Loki“ und „Pollux“, sowie unsere tech­nis­che Ortung zum Einsatz, um zu bestäti­gen, dass leider keine Leben­den mehr unter den Trüm­mern zu finden waren.

Dabei müssen die Schwierigkeiten in einem von einer Naturkatas­tro­phe getrof­fe­nen Land bewältigt werden: Kaputte und verschüt­tete Straßen, kaum Trans­port­möglichkeiten, Sprach­bar­ri­eren und schlechte Versorgung mit Nahrungsmit­teln sowie mangel­hafte Kommu­nika­tion­sin­fra­struk­tur. Genau aus diesem Grund bringt das @fire-Team Verpfle­gung, Wasser­auf­bere­itungsmöglichkeiten, Satteliten­tele­fone und Funkgeräte, Zelte und eigene Stromerzeuger - um nur einiges Mate­r­ial zu nennen - mit in das Einsatzge­biet. Diese Ausstat­tung erlaubt es uns autark zu bleiben und so unsere Aufgabe zu erfüllen ohne die zerstörte Infra­struk­tur des Landes weiter zu belasten.

Nach fünf Tagen harter Arbeit sinkt die Wahrschein­lichkeit noch Über­lebende zu finden. Für das @fire-Team wird es Zeit Nepal zu verlassen und anderen Hilf­sor­gan­i­sa­tio­nen das Feld zu über­lassen, die die näch­ste Stufe der human­itären Hilfe bilden und zum Teil schon beim Wieder­auf­bau unter­stützen. Die Mitar­beiter unserer Part­neror­gan­i­sa­tion Help e.V. werden durch @fire-Helfer am Flughafen abge­holt und in die Lage eingewiesen.

Am Donner­stag, den 30. April wurde seit­ens der Regierung von Nepal das Ende der USAR-Phase bekannt gegeben. Das gemein­same Team von @fire und SARAID been­dete den Einsatz vor Ort und trat die Heim­reise an. Am 3.5. konnte die Mannschaft schließlich zuhause in Empfang genom­men werden.

Bemerkun­gen

Dieser Einsatz war aus verschiede­nen Grün­den sowohl für die inter­na­tionale USAR-Gemein­schaft, aber auch für @fire ein einschnei­den­des Erleb­nis mit weitre­ichen­den Konsequenzen.

Viele, aber nicht alle inter­na­tionale USAR-Teams, auch @fire, sind Mitglied in der INSARAG, der „Inter­na­tional Seach and Rescue Advi­sory Group“ inner­halb der UN. Diese Teams verpflichten sich, nach gemein­sam definierten Stan­dards zu arbeiten, um gemein­same Einsätze bewälti­gen zu können. Diese Stan­dards legen z.B. die Fähigkeiten, aber auch die Größen der Teams fest.

Gerade die Größe der Teams stellte in Nepal ein Hinder­nis dar: nach INSARAG sind im inter­na­tionalen Einsatz „Medium“ und Heavy“ Teams vorge­se­hen, nicht jedoch „Light“ Teams. Durch die beschränkte und beschädigte Infra­struk­tur in Kath­mandu war es jedoch fast allen anrück­enden Medium und Heavy Teams mit eige­nen Flugzeu­gen nicht möglich zu landen. Teil­weise erre­ichten diese mit erhe­blicher Verzögerung den Einsatzort.

Nach Erdbeben kommt es nicht nur auf die Größe, sondern auch auf die Schnel­ligkeit der Teams an. Man spricht im opti­malen Fall von einem Über­lebens­fen­ster von 72 Stun­den, nach denen die Eingeschlosse­nen gerettet sein sollten.

Das Erdbeben in Nepal, aber auch das von Haiti im Jahr 2010, bei dem @fire eben­falls im Einsatz war, hat deut­lich die Notwendigkeit von „Light“ Teams, aufgezeigt. Diese leichten und schnellen Einheiten kommen insbeson­dere bei Erst­maß­nah­men, beispiel­sweise der Erkun­dung und Ortung, zum Tragen. Sie unter­stützen lokale Stab­sstuk­turen, und stehen in späteren Phasen als Einsatzkräfte für Rettungs­maß­nah­men zur Verfügung.

Im Rahmen des INSARAG Team­lead­ers Meet­ing im Septem­ber 2016 in Abu Dhabi wurde auf Initia­tive von @fire und SARAID, und mit großer Unter­stützung von verschiede­nen Teams, die Notwendigkeit eines „Light“ Stan­dards erkannt und für die Zukunft zur Ausar­beitung auf die Agenda gesetzt. Wir haben große Hoff­nung, dass dieser „Inter­na­tional Light“ Stan­dard sich durch­setzt und als sinnvolle Ergänzung zum beste­hen­dem System etabliert.

Seit­ens @fire hat sich die oftmals geübte, und bei jedem Einsatz einge­set­zte Struk­tur bewährt. Das Einsatzteam im Feld wird von einem virtuellen Stab zuhause unter­stützt. Wichtig­ste Aufgabe ist die Unter­stützung des Teams vor Ort. Beispiel­sweise werden Trans­port­möglichkeiten organ­isiert, Berichte gefer­tigt, oder die Ange­höri­gen laufend mit Infor­ma­tio­nen versorgt. „Virtuell“ deshalb, weil die Stab­smit­glieder von zu Hause aus über das gesamte Bundes­ge­biet verteilt ihre Arbeit verrichten.

Auch bewährt hat sich der selbst aufer­legte, höch­st­mögliche Stan­dard für Trüm­mer­hunde. Gerade dieser Einsatz hat aufgezeigt, wie wichtig diese Kompo­nente vor Ort ist. Die feine Nase unserer vier­beini­gen Freunde ist durch nichts zu erset­zen. Unsere Hunde mussten auch körper­liche Höch­stleis­tun­gen erbrin­gen, vor Allem bei der Anreise, wo sie knappe 22 Stun­den bei teils sehr hohen Temper­a­turen in ihren Boxen aushar­ren mussten.

Dieser Einsatz hat wieder gezeigt, wie wichtig und sinnvoll der Einsatz von inter­na­tionalen, nach INSARAG-Richtlin­ien arbei­t­en­den USAR-Teams wichtig ist. Die Möglichkeit, über­all auf der Welt schnell und kompe­tent Verschüt­tete zu retten, ist aus der inter­na­tionalen Gemein­schaft nicht wegzu­denken – es muss lediglich ein wenig Anpas­sungsar­beit vorgenom­men werden.

Wir, @fire, sind stolz unseren Beitrag geleis­tet zu haben. In der INSARAG-Gemein­schaft bieten wir dem betrof­fe­nen Land und seiner Bevölkerung die Hilfe, die es braucht. Der Einsatz in Nepal hat uns aufgezeigt, dass wir auf dem richti­gen Weg sind, und diesen konse­quent weiter beschre­iten werden.