Der Aufs­ch­rei ist groß. Drama­tis­che Bilder, komplett gefakte Bilder, frisi­erte Meldun­gen und rich­tige Meldun­gen über das, was im Amazo­nas­bec­ken brennt, füllen Medien und das Inter­net. Und da Klimas­chutz eben­falls in aller Munde ist, stei­gert sich das Ganze in ein unübers­chau­ba­res Stak­kato inkl. rela­ti­vi­e­ren­der Arti­kel dass alles gar nicht so schlimm ist. Wie schlimm ist es wirklich? Schlim­mer als sonst? Wir wissen es nicht genau. Was aber anders ist - gegenü­ber frühe­ren Jahren, in denen es auch schon dort brannte oder gegenü­ber Brän­den in Gebi­e­ten, die medial eher unin­te­res­sant sind (Sibi­rien, Indo­ne­sien) ist die öffen­tli­che Wahr­neh­mung dieser Brände anders - man will es nicht tole­ri­e­ren das es dort in diesem Umfang brennt. Und das ist ja nun schon mal ein guter Anfang.

(Anmer­kung: Ja, es sind im Wesen­tli­chen wirts­chaf­tli­che Gründe, warum es da gerade brennt. Wo es bestimmt sinn­voll wäre, sich einmal zu über­le­gen, wieviel Nutella und Angus T-Bone Steaks jeder von uns wirklich brau­cht. Das ist zwar unan­ge­nehm, aber oft nachhal­ti­ger als sich in Face­book und co. zu empören…)

WFF

@fire in Haiti

Wenn es um inter­na­ti­o­nale Hilfe geht, hat man Wald­brände auf poli­tis­cher Ebene für einen eher unter­ge­ord­ne­tes, wirths­chaf­tli­ches Problem der jewei­li­gen Nation ange­sehen. Das kann man daran fest­ma­chen, dass es für Rettung­seinsätze nach Natur­ka­tas­trophen auf inter­na­ti­o­na­ler Ebene ein gut struk­tu­ri­er­tes Regelwerk gibt (INSA­RAG-Rich­tli­nien) und so viele Einhei­ten aufges­tellt werden, dass es oft schon zuvi­ele Teams vor Ort sind. Bei Wald­brän­den gibt es: Nix. Größ­ten­teils nix. In der EU gibt es ein paar struk­tu­ri­erte Einhei­ten und es gibt einen losen Verbund zwis­chen den USA, Kanada, Austra­lien und Süda­frika für die gegen­sei­tige Unterstüt­zung. Dann gibt es noch ein paar inter­na­ti­o­nal agie­rende Firmen (da geht es dann aber um Geld verdi­e­nen. Viel Geld!). Das war es.

Wenn wir tatsä­ch­lich Wald­brände als zuneh­mend globa­les Problem betra­ch­ten, so müssen wir auch neben einer Stär­kung der der Präven­tion, einzu­brin­gen­den Aspek­ten der Feuerö­ko­lo­gie auch die Wald­brand­bekämp­fung verei­nhei­tli­chen und struk­tu­ri­e­ren. Es wäre vom Fach­li­chen her vermu­tlich rela­tiv einfach, die in den INSARAG Rich­tli­nien fest­gehal­te­nen Regeln zur Einsatz­vor­be­rei­tung, Einsat­za­blauf und Einsatz­na­ch­be­rei­tung auch für die Vege­ta­ti­ons­brand­bekämp­fung umzu­set­zen. Ob der poli­tis­che Wille vorhan­den ist, dies nati­o­nal umzu­set­zen und ents­pre­chende Einhei­ten aufzus­tel­len, zu entsen­den oder zu akzep­ti­e­ren - das steht auf einem ande­ren Blatt.

WFF

@fire in Bolivien

Wie könnte so etwas aussehen?

  • Für den Ausland­sein­satz vorbe­rei­tete Einsatz­kräfte (Fitness, PSA, Sicherheit­seinwei­sung, Impfungen) 
  • Inter­na­ti­o­nal erfah­rene Führungs­kräfte und Fachberater
  • Kleine bis mittlere Teams (20−50 Mann) deren Ausrüs­tung in ein Lini­en­flug­zeug passt
  • Autar­ker Einsatz (vom Essen bis zur Toilette) über einen Zeitraum von 7 Tage
  • Unterstützung/Anleitung von Bewoh­nern oder nicht feuerwehr­li­chen Einhei­ten vor Ort
  • Autar­ker Einsatz in einem zugewi­e­se­nen Absch­nitt mit Handwerks­zeu­gen und Feuereinsatz
  • Schutz von Strukturen
  • Bessetzung/Verstärkung von Vor Ort vorhan­de­nen Löschfahrzeugen
  • Schwere Kompo­nente: Kits, mit denen LKW und Pickups zu Lösch­fahr­zeu­gen um gebaut werde können.

Und wenn man sich diese Liste so ansi­eht: Ups. Das ist genau das Porte­fo­lio von @fire…

WFF

@fire in den Alpen

Wie sollte so etwas nicht aussehen:

  • Luft­trans­port von Löschfahrzeugen
  • Perso­nal, welches nicht oder wenig auf Ausland­seinsätze vorbe­rei­tet ist
  • Perso­nal, welches nicht die inter­na­ti­o­na­len Gepflo­ge­nhei­ten kennt
  • Über­mo­ti­vi­er­tes, aber unfit­tes Perso­nal mit einer “Ich rette die Welt”-Attitüde. Oder die nach 6 Stun­den Bereits­tel­lung unge­dul­dig werden.
  • Perso­nal, welches nicht die Brand­bekämp­fungs­metho­den vor Ort kennt und adap­ti­e­ren kann

Und wenn man sich das ansi­eht, weiß man was nicht funk­ti­o­ni­ert: Einhei­ten kommu­na­ler Feuerweh­ren zusam­men zu würfeln und adhoc in den Flie­ger zu setzen. Oder Einhei­ten, die mit Brand­bekämp­fung sonst nix am Hut haben. Ich hoffe mal, dass verantwor­tli­che Führungs­kräfte das auch erkennen.

Eine oft gestellte Frage: Das bringt doch nix. Selbst mit 50 oder 500 Mann? Die Frage ist bere­ch­tigt, wird aber oft von Leuten gestellt, die es tagtä­glich in der Gefah­re­nabwehr gewohnt sind, Lage schnellstmö­glich zu kontrol­li­e­ren und vollstän­dig aufzulö­sen. Das geht bei huma­nitä­ren Einsät­zen nicht. Als wir nach dem Erdbe­ben in Haiti Port au Prince errei­ch­ten, war die Stadt ein einzi­ges großes Chaos. In dieser Situ­a­tion kann man sich nur darauf konzen­tri­e­ren, das Bestmö­gli­chste mit den vorhan­de­nen Mitteln zu errei­chen und dann lang­sam unter der Leitung der UN und in Zusam­me­nar­beit mit den vielen ande­ren Teams die Situ­a­tion zu verbes­sern und eine Über­si­cht zu bekom­men. Wenn hier jede entsen­dende Nation oder NGO sich geda­cht hätte: “220.000 Tote und 300.000 Verletzte? Das bringt doch nix.…” hätte das vielen Mens­chen das Leben gekostet. 

WFF

@fire in Kroatien

Und im Gegen­satz zur Hilfe durch staa­tli­che Orga­ni­sa­ti­o­nen - wo Mittel für einen Wald­bran­dein­satz eben oft in der Konkur­renz mit Mitteln für andere, eben­falls wich­tige Projekte stehen - hat @fire eine zweite, nichts­ta­a­tli­che Mögli­ch­keit: Wenn wir meinen, dass Hilfe sinn­voll ist und wir es uns leis­ten können (Hallo, liebe Spen­der..) und die Hilfe vor Ort will­kom­men ist, dann können wir auch schon einfach mal in den Amazo­nas flie­gen. Bei uns sind die begren­zen­den Fakto­ren oft nur das Geld (Noch­mal: Hallo, liebe Spen­der..) und das Perso­nal (jeder muss sich Urlaub nehmen). Aber: Wenn ihr euch tatsä­ch­lich im Klimas­chutz durch die Wald­brand­bekämp­fung enga­gi­e­ren wollt, ihr fit genug seid (womit wir wieder beim Nutella wären) und euch konse­quent physisch und psychisch darauf vorbe­rei­ten wollt, den Leuten eines Tages bei der Wald­brand­bekämp­fung auch im Regenwald, in der Taiga und in Grön­land zu helfen - herz­lich Will­kom­men bei @fire

Jan Südmersen,Vorsitzender

WFF

@fire in Pose