Ober­hof – mit diesem Ort verbindet man in erster Linie inter­na­tionalen Winter­sport, etwa den Biathlon-Weltcup oder Rennrodeln. Vor der Kulisse dieses bekan­nten Winter­sportortes trainierten Einsatzkräfte von @fire, der SUEWA des THW Lüchow-Dannen­berg, des THW Suhl und der Pompieeen Monnerech (Luxem­burg) von Himmelfahrt bis zum Samstag, 31. Mai 2014, die Bekämp­fung von Berg­wald­brän­den. Organ­isiert hatte den Work­shop der Orts­beauf­tragte des THW Lüchow-Dannen­berg, Dr. Michael Herrmann, der gleichzeitig Leiter der auf Wald­brand­bekämp­fung spezial­isierten SUEWA des THW ist.

Anders als Wald­brände in Nord­deutsch­land sind die Brand­flächen in den Bergen nur selten mit Fahrzeu­gen zu erre­ichen – mit der Folge, dass eine Bekämp­fung dieser Brände mit der von den Feuer­wehren üblicher­weise fahrzeuggestützten Taktik kaum möglich ist. Die erforder­lichen Gerätschaften müssen daher von den Einsatzkräften mühsam per Hand an die Brand­herde getra­gen und die Löschar­beiten dort im steilen und unwegsamen Gelände auch per Hand ohne die sonst gewohnte Löschwasserver­sorgung vorgenom­men werden. Diese Arbeit ist nicht nur körper­lich sehr anstren­gend – sie ist zudem sehr gefährlich. Neben den üblichen Risiken bei Arbeiten am Berg, wie Abstürze oder Stein­schlag, kann auch das Feuerver­hal­ten bei einem solchen Berg­wald­brand eine erhe­bliche Gefährdung der Einsatzkräfte darstellen und ihnen insbeson­dere den Rück­zugsweg abschnei­den. Mit teils tödlichen Folgen, wie der tragis­che Unfall beim Yarnell Hill Fire in den USA im vergan­genen Jahr zeigte. Dort kamen 19 Wald­brand­bekämpfer (Hotshots) bei einem solchen Vorfall ums Leben. „Der Fokus dieses Work­shops liegt daher abso­lut auf der Sicher­heit der Einsatzkräfte. Die Beach­tung spezieller Sicher­heit­sregeln ist unsere Lebensver­sicherung bei dieser gefährlichen Arbeit“, betont Louis Evert (@fire), einer der Ausbil­dungsleiter des Work­shops. Und die Vermit­tlung des notwendi­gen Wissens erfol­gte in aller Gründlichkeit. Am ersten Tag (Himmelfahrt) erhiel­ten die 26 Teil­nehmer des Work­shops eine theo­retis­che Unter­weisung in die Beson­der­heiten der Bekämp­fung von Berg­wald­brän­den. Um die Gefahren­la­gen zu veran­schaulichen, wurden Unfälle der vergan­genen Jahre analysiert und mögliche Szenar­ien im Unter­richtssaal durchge­spielt, bevor die Einsatzkräfte dann am Steil­hang der „12 Apos­tel“, einem beliebten und anspruchsvollen Klet­terge­biet nahe Ober­hof, das Arbeiten an Steil­hän­gen und Geröll­halden trainierten. Und dies bei widri­gen Witterungs­be­din­gun­gen: 8 Grad und Niesel­re­gen. Beson­ders das Sich­ern und Abseilen von Einsatzkräften und Mate­r­ial wurde dabei immer wieder geübt. Gegen 23:00 Uhr endete der erste Ausbil­dungstag mit einem „Shel­ter Train­ing“, bei dem die Teil­nehmer die richtige Hand­habung von „Fire Shel­tern“ trainierten. Diese „Schutzzelte“ dienen den Einsatzkräften im Einsatz­fall als letzter Rück­zug­sort, wenn sie vom Feuer eingeschlossen werden und ihnen der Rück­zugsweg abgeschnit­ten ist.

Nach einer kurzen Nacht in den Feld­bet­ten ging es am näch­sten Tag bere­its früh wieder ins Gelände. Auf dem Programm standen das Verlegen von Schlauch­leitun­gen im Steil­gelände sowie das Anle­gen von Wund­streifen am Berghang unter den kritis­chen Augen der Ausbilder Hugo Tripp und Andre Zobel (beide @fire). Nach kurzer Pause absolvierten die Teil­nehmer am Nach­mit­tag des Work­shops eine Einsatzübung unter real­is­tis­chen Bedin­gun­gen: Während drei der in vier Grup­pen (Squads) eingeteil­ten Teil­nehmer über eine Strecke von ca. 400m bergauf einen Feuer­schutzstreifen anle­gen musste, bekämpfte die vierte Gruppe Flugfeuer im Rücken der anderen drei Grup­pen. Durch plöt­zlich drehen­den und auffrischen­den Wind wurde diese Gruppe vom Feuer eingeschlossen, musste Zuflucht in ihren Schutzzel­ten (fire shel­ter) suchen und von den anderen drei Grup­pen gerettet werden. Doch hier­mit endete der Ausbil­dungstag noch nicht. Wenn auch viele Einsatzkräfte mein­ten, nach acht­stündi­ger körper­licher Arbeit in anspruchvoll­stem Gelände und unter ständi­ger Mitführung der vollen Einsatzaus­rüs­tung von ca. 30 kg erre­icht zu haben, so wurden sie von den Ausbildern über ihren Belas­tungs­gren­zen hinaus­ge­führt: Ein Belas­tungs­marsch mit der anschließen­den Bestei­gung der Skischanze in Ober­hof. „Es ist für jeden Teil­nehmer wichtig, extremen körper­lichen Stress zu erfahren, um im Ernst­fall einschätzen zu können, wie er reagiert. Dazu gehört auch, nicht „den Helden zu spie­len“, sondern rechtzeitig zu erken­nen und mitzuteilen, wann es einfach nicht mehr geht. Unterbleibt dies, gefährdet der Teil­nehmer im Einsatz­fall nicht nur sich, sondern die gesamte Crew“, hebt Michael Herrmann (SUEWA) hervor.

Offen­sichtlich hatten die Ausbilder die Substanz und den Willen der Teil­nehmer jedoch unter­schätzt und so staunten sie nicht schlecht, als sie nach Rück­kehr in das Camp eine Heraus­forderung zum „Wettziehen“ des GKW I des THW Suhl erhiel­ten. In Grup­pen von jeweils vier Helfern musste der GKW I über eine möglichst lange Strecke mit purer Muskelkraft gezo­gen werden. Es versteht sich fast von selbst, dass die Ausbilder (Hugo Tripp, Louis Evert, Andre Zobel und Michael Herrmann) die Heraus­forderung zwar annah­men, sich aber geschla­gen geben mussten.

Am Abschlusstag mussten die Teil­nehmer in zwei Einsatzübun­gen unter Beweis stellen, dass sie das in den Vorta­gen Erlernte auch unter real­is­tis­chen Bedin­gun­gen anwen­den können. Während sie zunächst im Steil­gelände Brandin­seln (spot­fire) mit Handgeräten und Löschruck­säcken bekämpfen mussten, galt es im zweiten Teil unter schwierig­sten Gelän­debe­din­gen einen Feuer­schutzstreifen anzule­gen. Hier­bei wurde ein Crewmit­glied „verletzt“ und musste „gerettet“ werden. Während der laufenden Rettungsak­tion wurde das Team vom Feuer eingeschlossen und richtig auf die Bedro­hung reagieren. Diese Aufgabe meis­terten die Teil­nehmer zur Zufrieden­heit der Ausbilder.

Nach Rück­kehr in die Unterkunft des THW Suhl, Aussprache und Verab­schiedung, traten die Teil­nehmer den Heimweg an. Alle Teil­nehmer zogen ein durch­weg posi­tives Fazit: „Kein Knochen, kein Muskel, keine Sehne ohne Schmerzen, aber jede Menge gelernt und Spaß gehabt!“

Beson­deren Dank und Anerken­nung zoll­ten die Teil­nehmer am Veranstal­tungsende dem Team des THW Suhl um den stel­lvertre­tenden Orts­beauf­tragten Ulf-Hagen Sühn, die die Teil­nehmer des Work­shops mit rühren­der Herzlichkeit verpflegten und umsorgten und so dafür sorgten, dass die Stim­mung trotz aller körper­lichen Stra­pazen nicht leiden musste.

von Michael Herrmann