Vom 12. bis zum 14. Septem­ber simulierten wir in einer 36 Stun­den dauern­den Übung ein „Full Deploy­ment“, also einen vollen USAR-Einsatz im Ausland nach den kommenden INSARAG-Richtlin­ien für soge­nan­nte „Light Teams“. 

Diese zeich­nen sich vor allem durch volle Autarkie sowie der Vorhal­tung der fünf Kompo­nen­ten (Führung, Logis­tik, Medi­zinis­che Versorgung, Suche und Ortung) aus. 

Auf dem Trüm­mergelände in Mosbach musste sich ein 18-köpfiges Team einem simulierten Ausland­sein­satz nach einem Erdbeben stellen. Dabei kamen neben eige­nen Kräften auch zwei Kolle­gen unserer Part­neror­gan­i­sa­tion S.A.R.A.I.D aus Großbri­tan­nien sowie zwei Para­medics aus den USA zum Einsatz. Wie in der Real­ität begann die Übung mit einem Hilfeer­suchen des von einem Erdbeben betrof­fe­nen Landes an die UN, woraufhin durch den @fire-Stab ein Team zusam­mengestellt wurde. 

Die Team­mit­glieder sammelten sich anschließend im Bere­it­stel­lungsraum bei der Feuer­wehr Neckargemünd, wo das Mate­r­ial ein letztes Mal über­prüft wurde, bevor es zum (simulierten) Flughafen ging. 

Nach einem kurzen Flug wurde das Team im Gast­land bere­its an der Gren­zkon­trolle erwartet. Die Zöll­ner, eben­falls Mitglieder von @fire, die in diese Rolle geschlüpft waren, machten dem Team bei ihrer akribis­chen Suche nach verbote­nen Gegen­stän­den und mit detail­lierten Nach­fra­gen zum geplanten Einsatz ordentlich Druck. 

Auch wenn eine solche Situ­a­tion in human­itären Einsätzen nicht unbe­d­ingt auf der Tage­sor­d­nung steht, kann es je nach Einsat­z­land und Einreiseweg durchaus vorkom­men, dass selbst Teams im UN-Auftrag an der Grenze in Schwierigkeiten kommen können. Nach eini­gen Diskus­sio­nen schaffte es das Team aber die Zöll­ner zu überzeu­gen, Personal und Mate­r­ial voll­ständig einreisen zu lassen. 

Anschließend erfol­gte der Trans­fer zur Base-of-Oper­a­tions nahe dem Trüm­mergelände. Doch noch während das Team die Zelte aufschlug, musste ein Teil des Person­als bere­its zu einer ersten Einsatzstelle in einer Stunde Entfer­nung ausrücken, weil unter den Trüm­mern noch Verschüt­tete vermutet wurden, deren Rettung keinen Aufschub duldete. 

Kurz nach Beendi­gung der Aufbauar­beiten musste auch das verbliebene Personal ausrücken, wodurch das neue Konzept durch zwei paral­lele Einsatzstellen und die damit verbun­dene Aufteilung von Personal und Mate­r­ial sich schon gleich zu Anfang beweisen konnte. 

Das zweite Team sah sich mit einem Tunnel­sys­tem in den Trüm­mern eines Gebäudes konfron­tiert, in dem noch eine Person lokalisiert wurde. Während sich das medi­zinis­che Personal noch durch das Beiseiteschieben von Trüm­mern zum Patien­ten vorar­beiten konnte, musste für dessen Rettung der Tunnel von eini­gen Hindernissen befreit werden. 

Bei den Hindernissen handelte es sich um Einrich­tungs­ge­gen­stände aller Art, wie sie auch in echten Einsat­zla­gen zwis­chen den Trüm­mer­struk­turen vorzufinden sind. So nahmen Team­mit­glieder in den engen Räumen Säbel­säge und Bolzen­schnei­der vor, um den Weg frei zu machen. 

Diese Arbeiten erforderten eine enge Koor­di­na­tion mit den behan­del­nden Sanitätern um die Erschüt­terun­gen und die Lärm­beläs­ti­gung für den Patien­ten möglichst gering zu halten. So konnte der Patient nach eini­gen Stun­den vorsichtig durch den nun etwas breit­eren Tunnel ins Freie bugsiert werden. Die andere Einsatzstelle wurde nahezu zeitlich abgeschlossen, sodass sich in den frühen Morgen­stun­den das gesamte Team im Camp befand. 

Nach einer zweistündi­gen Nachtruhe wurde erneut ein kleines Team zu einer Assess­ment-Mission - der Erkun­dung von Schad­stellen - gerufen. An den drei unter­suchten Gebäu­den konnten aber keine Hinweise auf verschüt­tete Perso­nen gefun­den werden. 

Paral­lel rückte ein Großteil der Mannschaft zu einer weitläu­fi­gen Schad­stelle aus, in der mehrere verschüt­tete Perso­nen vermutet wurden. 

Da das erste gefun­dene Opfer mit dem komplet­ten Unterkör­per unter schw­eren Beton­trüm­mern eingek­lemmt war, musste paral­lel zur notfallmedi­zinis­chen Versorgung des Patien­ten das Anheben der Struk­turen zur Entk­lem­mung vorbere­itet werden. 

Während der gesamten Rettungsar­beiten wurde das Team durch den Besitzer des eingestürzten Hotels in Atem gehal­ten, der aufge­bracht durch das sicher­heits­be­wusste und damit in seinen Augen zu langsame Arbeiten mehrfach diese zu stören versuchte. Auch die inter­na­tionale Presse erschien am Einsatzort. 

Mittels Hebekissen gelang es schließlich die verschüt­tete Person zu entk­lem­men, woraufhin die Rettung vom Trüm­mer­berg erfol­gen konnte. 

Gerade als das Team die Einsatzstelle verlassen wollte, erhielt der Hotel­man­ager die SMS eines Mitar­beit­ers, der angab, sich noch in den Trüm­mern zu befinden. Während die Einsatzkräfte das Mate­r­ial wieder aus den Fahrzeu­gen auslud, machten sich die Spezial­is­ten der biol­o­gis­chen und tech­nis­chen Ortung mit Rettung­shun­den und Endoskop­kam­era auf den Weg in die Trüm­mer um den Verlet­zten zu lokalisieren. 

Nach­dem der erste Hund eine Spur anzeigte, gelang es kurz mit dem Verschüt­teten Kontakt aufzunehmen, der aber im weit­eren Verlauf wieder abbrach. 

Dafür schlug der Hund an einer weit­eren Stelle an, sodass eine zweite Person in den Trüm­mern vermutet werden musste. Dies wurde durch einen drit­ten Hund bestätigt. Hier­bei gilt der Grund­satz, dass ein Fund erst als sicher gilt, wenn zwei Hunde an der gleichen Stelle einen Geruch wahrnehmen, um Fehler durch Stör­fak­toren, die den Hund ablenken, zu minimieren. 

Kaum hatten die Hunde den Bere­ich verlassen, machten sich die Spezial­is­ten der tech­nis­chen Ortung ans Werk, um die Posi­tion der Verlet­zten genauer festzustellen und eventuelle Rettungsmöglichkeiten zu erkunden. 

Da die Perso­nen zwis­chen­zeitlich beide das Bewusst­sein verloren hatten, musste auf den Einsatz spezieller Mikro­fone, dem Geofon, verzichtet werden. 

Durch das Entfer­nen kleiner Trüm­mer gelang es rasch mit einer speziellen Suchkam­era ein Bild des ersten Patien­ten zu erhal­ten, der in einem Hohlraum gefan­gen war, sonst aber nicht weiter eingek­lemmt zu sein schien. Da der Eingang zum Hohlraum nur mit kleineren Trüm­mern verschlossen war gelangte das Team durch das manuelle Entfer­nen der Steine zum Verlet­zten und konnte diesen nach einer Erstver­sorgung rasch retten. 

Bei der zweiten Pati­entin gestal­tete sich der Zugang schwieriger, nur durch ein winziges Loch gelangte der Kamer­akopf der Search­cam nach etlichen Versuchen in den Hohlraum mit der Pati­entin. Da dieser mit Schutt und Abfall gefüllt war, war es schwierig auf dem Moni­tor die Konturen des menschlichen Körpers von den anderen Dingen im Raum zu unterscheiden. 

Die nähere Inspek­tion ergab, dass der Zugang am besten über eine große Beton­platte erfol­gte, die fast senkrecht den Hohlraum begren­zte. Um den Durch­bruch für die Pati­entin so sicher wie möglich zu gestal­ten, wurde zunächst mittels Kern­bohrung ein weit­erer Zugang für die Kamera geschaf­fen, um festzustellen, ob durch den Durch­bruch Beton­teile auf die Person stürzen könnten. 

Anschließend wurde der eigentliche Durch­bruch mittels Trennschleifer geschaf­fen. Nach­dem das Loch fertig gestellt wurde, konnten die Sanitäter die Pati­entin erre­ichen. Eine erste Unter­suchung offen­barte einen zuse­hends schlechter werdende Zustand, sodass die Sanitäter das restliche Team zur Eile bei den Vorbere­itun­gen zur Rettung antrieben. 

Trotz aller Bemühun­gen musste die Pati­entin zeitweise noch in den engen Trüm­mern rean­imiert werden, eine enorme Heraus­forderung für das medi­zinis­che Personal. Zum Glück zeigten die Maßnah­men Erfolg, sodass die Person schließlich über die Trüm­mer gerettet und dem lokalen Rettungs­di­enst zur weit­eren Behand­lung übergeben werden konnte. 

Diese Lage forderte alle Fähigkeiten des Teams und zeigte dass unser Team, insbeson­dere in Zusam­me­nar­beit mit anderen Organ­i­sa­tio­nen, die geforderten Fähigkeiten jederzeit abrufen kann. 

In der Nacht konnte das Team noch eine Person aus einem leicht zerstörten Gebäude befreien, nach­dem diese durch die Hunde gefun­den worden war. Mit der Befreiung der Person endete nach über 36 Stun­den auch die Übung. 

Das Hauptziel der Übung, die Real­isier­barkeit eines „Light“-Teams nach INSARAG-Format, konnte posi­tiv bewertet werden. Gerade die Flex­i­bil­ität einer kleinen Mannschaft mit wenig Gepäck ist eine wertvolle Kompo­nente im „mix“, also der Zusam­me­nar­beit mit größeren Teams. 

Mit den gewonnenen Erken­nt­nis­sen kann sich @fire nun mit Zuver­sicht der 2020 vorge­se­henen Klas­si­fizierung durch die INSARAG widmen. 

Wir danken den Organ­isatoren, den Teil­nehmern sowie unseren britis­chen und amerikanis­chen Freuden für die tolle Zeit und dem TRC Mosbach für die großar­tige Trainingsmöglichkeit.